....support..

Ich versuche gar nicht erst, "Support" exakt zu definieren. Dennoch ist anzunehmen, dass ein solches Projekt wie der Medienintegrierte Deutschunterricht mit dem Support, was auch immer darunter zu verstehen ist, steht und fällt. In groben Umrissen möchte ich darum hier beschreiben, was die Lernenden hinsichtlich Hilfstellung durch die Lehrperson in diesem Fachunterrichtsmodell konkret zu erwarten haben. Da ich aber mit der gesamten Einheit "MEDIENPRAXIS" zu zeigen versucht habe, dass dieses Modell ein Erfolg ist und war, unterstellt die Annahme, vom Support hänge ein solches Projekt ganz wesentlich ab, dass die von mir praktizierte Hilfestellung zumindest brauchbar, wo nicht gut bis sehr gut war. Gerne gestehe ich, dass die Aufgabe, voll und ganz für die Lernbegleitung eigenständiger Teams da zu sein, mich sehr interessiert und belebt hat, ja schlimmer, erstmals fühlte ich mich wohl im Beruf. Solche Beobachtung, nur schon die Nüance eines möglichen selbsttherapeutischen Anteils, mahnt mich aber auch zur Vorsicht. Kaum ein Bereich ist so sensibel wie der Support, weil er nicht wie die Wissensvermittlung auf objektive Grössen abstellt, sondern auf Personen zugeht und sie ganz persönlich anspricht. Wenn "es geklappt hat", heisst das nicht sofort, dass dieser Support bereits gut oder angemessen war. Es geht mit Blick auf die acht "neuen" Lehrerrollen (siehe "lehrperson") hier deshalb lediglich um Darstellung der praktischen Ausgestaltung vorab der vier senkrecht eingetragenen, während des ganzen Semesterprojekts aktivierten Funktionen "Veranstalter", "Beobachter", "Lernsicherer" und Lernberater" - mit allen diesen "Zumutungen" statt dem ordentlichen Lehrer, den sie aus ihrer Schulbiografie kennen, hatten sich die Lernenden ja anzufreunden, ob es ihnen passte oder nicht.


Bereits das obligatorische LERNTAGEBUCH zeigt, wie diffizil dieser Bereich ist: Notenzwang - trotz beachtlicher Anteil-Wahlmöglichkeit bleibt die kontinuierliche (Selbst-)Reflexion ein Obligatorium und wurde benotet
(siehe "lerntagebuch" und "noten"). Die grösste Aufmerksamkeit hatte ich also diesem Lernbereich zuzuwenden, der für 16/17-Jährige, die von der Sek-I ans Gymnasium übertraten, gänzlich neu und befremdlich war. Ich will nicht behaupten, dass das Lerntagebuch nur eitel Freude ausgelöst hätte, auch wenn ich hier herzlich gerne zwei der besten Semsetereinträge aus den acht Jahren (mit Einwilligung der Autorinnen) vorgelegt hätte - sie stammen aus einer ersten Klasse, also von 17 jährigen Gymnasiastinnen. Nein, die grössten Widerstände waren bezüglich Logbuch abzubauen. Dies gelang dennoch mehr oder weniger leicht, weil an der Neuen Kantonsschule Aarau für die 3./4. Klassen des Pädagogisch-Sozialen Gymnasiums bereits ein dem rigiden Logbuch des Medienintegrierten Deutschunterrichts vergleichbares Lerntagebuch eingeführt war. Summa summarum: Es bedurfte einer grossen Behutsamkeit, die ich auch nicht von Anfang an aufbrachte, und es mussten eindeutige Regeln vereinbart oder zumindest erprobt werden:

  • Das Logbuch ist nicht einmal halböffentlich: die Lehrperson hat periodisch Einblick zu nehmen, es ist also so abzufassen, dass jeder Satz von der Lehrperson gelesen werden darf; anderseits ist es strikt untersagt, ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin auch nur einen Satz gegenüber der Klasse oder gar nach aussen verlauten zu lassen.
  • Das Logbuch muss nicht unbedingt schriftlich eingereicht werden; auditive Lerntypen können es auch als Tonbandaufzeichnung abgeben oder ein jeweils Gespräch mit der Lehrperson ansetzen - schlimmstenfalls, wenn die Chemie mit der Lehrperson a tout prix nicht stimmen will, kann auch die Lerngruppe die Funktion der Lehrperson übernehmen.
  • Sobald die metakognitive Selbststeuerung eingeübt ist, kann der Notenanteil und damit die zentrale Stellung des Lerntagebuchs reduziert werden - allerdings einheitlich in der ganzen Klasse.

weitere PROJEKT-REGELN
Ohne
Lerntagebuch hätte ich das Projekt nicht gewagt. Dieser kontinuierliche Einblick in die realen Arbeits-, Gruppen- und Lernprozesse verschaffte den Lernenden die Freiheit der Selbstorganisation. Die Projektregeln verlangten ausser dem Logbuch als zweite Regel, eine Art Aufenthalstregel, dass der Arbeits- und Aufenthaltsort des Teams jederzeit über eine Tafelnotiz im zentralen Deutschzimmer für jedermann bekannt gegeben werden musste; Tätigkeiten ausserhalb des Schulhauses waren vorgängig der Lehrperson mit Begründung mitzuteilen. Nur dank dieser das Logbuch ergänzenden Vereinbarung, die übrigens über acht Jahre hinweg kaum Probleme machte und optimale Kooperation unter den Teams ermöglichte, liess sich das Risiko unangemeldeter Inspektorenbesuche eingehen.
An der Neuen Kantonsschule Aarau hatte sich damals längst eine strikte Absenzenkontrolle durchgesetzt - jede Fachlerperson war verpflichtet, jede Absenz in der Stunde auf dem Klassenspiegel einzutragen. Dieser offiziellen Präsenzkontrolle wegen war auch die dritte Anordnung selbstverständlich akzeptiert: die
Startpräsenz. Zu Beginn jedes Dreistundenblocks (sog. Hauptprogramm) hatten alle Schüler/innen sich im Deutschzimmer kurz zu zeigen. So nahm ich Einblick nicht nur in die zahlenmässige Präsenz, sondern viel mehr noch in den aktuellen Stimmungsstand der Klasse, bevor diese sich in Projektteams auflöste. Diese "Präsenz- Auskunft," steht nur scheinbar im Widerspruch zur Autonomie der Lernenden. Zu wissen, wer wo wann ist oder fehlt, muss ja nicht primär der Durchsetzung der Anwesenheit dienen, sie kann vielmehr als Support-Element dienstbar gemacht werden: wie sonst soll die Lehrperson eines selbstorganisierten Unterrichts rechtzeitig merken, ob sich Absenzen häufen, und wie kann Sie sich ein Bild machen, ob die "Absenz" eine Konsequenz der Arbeit ist? - sie müssten ohne Logbuch, Aufenthaltsregel und Startpräsenz müsste sie ein peinliches, Selbstverantwortung erschwerendes Aufsichtssystem etablieren.
Ein viertes indirekt supporthaltiges Element war die
Besuchsregel, wonach die Lehrperson jederzeit einem Team bei der Arbeit zuschauen durfte - punktuelle Ausnahmen waren möglich, mussten aber der Lehrperson ausdrücklich kommuniziert werden. Diese Regel besagt auch, dass das besuchte Team bei Besuchsbeginn mitteilt, ob es von der Lehrperson eine besondere Beobachtung erwartet - ohne diesen ausdrücklichen Auftrag hätte die Lehrperson nach dem Besuch grundsätzlich ohne Kommentar weitergehen dürfen, resp. müssen.

Umgekehrt hatte die Lehrperson In der "besuchsfreien" Zeit jederzeit für Teams erreichbar zu sein, weshalb auch sie sich zur Präsenznotiz via Tafel verpflichtete. Diese beidseitige Präsenzauskunft-Vereinbarung bewährte sich ausgezeichnet; sie wurde bald ergänzt mit täglichen schriftlichen Besuchsbestellungen und Gerätereservationen durch die Teams.

Auf diesen beiden Tatbeständen - Logbuch als Bringschuld und Support im Sinne des Holzprinzips - basiert die Lernbegleitung dieses Modells Eigenständigen Lernens. Lernbegleitung ist immer möglich durch das Lerntagebuch und das Besuchsrecht. Aber Lernberatung gibt es nur, wenn es vom Team oder vom Individuum gewünscht wird: dies gilt auch für denabwählbaren Kommentar zum Lerntagebuch.
Was aber keine Beschreibung des Regelwerks aufdecken kann, ist die permanente Lernbegleitung durch die tägliche spontane Gruppenkommunikation einerseits sowie anderseits durch die vom Modell mit den Instrumenten Konzept, Lerntagebuch und Präsentationen eingeforderte Reflexion. Als stets präsente, wenn auch durch straffe Regeln am furor Dozendi verhinderte meistens auch durch Logbücher vorinformierte Lehrperson, sah ich grossartige Gruppen-Interaktionen, in denen z.B. Trittbrettfahrer sozialisiert oder verschüchterte Kolleg/innen aufgebaut wurden: die Lehrperson ist eigentlich gar nicht so wichtig, wenn das Modell als Ganzes stimmt. Gerne hätte ich diese Einschätzung wissenschaftlich erhörten lassen, aber für eine sachgerechte Evaluation von eigenständigem Lernen gibt es doch keine Forschungsgelder.


Eine fünfte, und sehr gewichtige Regel führt diese Abmachungen im Fachbereich der Projektarbeit weiter - es besteht hier eine Art
fachlichen Weisungsverbot, oder anders gesagt: eingegriffen wird - was den Lernenden nicht von selbst einleuchtet - selbst in Projektfragen grundsätzlich nur, wenn echte Gefahr ins Haus steht. In der Funktion des Experten, die massgeblich beeinflusst ist durch die "heissenProjekte der Lehrlingsausbildung" (siehe "projektlernen") , wird ein ebenfalls ein Holschuld-Prinzip praktiziert: Wissen wird nur auf konkrete Bestellung geliefert - und nur auf gezieltes, also vorbereitetes Fragen (siehe Lernweg-Wahl im Nebenprogramm des Lyrik-Semesters). Eine systemhafte Ausnahme scheint das KONZEPT zu sein. Aber auch hier besteht nach Einreichen des Konzepts für die Lernenden bloss eine Anhörungspflicht - die konkrete Stellungnahme zum geplanten Projekt durch die Lehrperson muss angehört, aber nicht befolgt werden; Bedenken des "Experten" verhindern das "Gut zum Druck" nicht, das Team bleibt autonom, seinen Weg zu gehen - auch wenn es gut daran tut, sich seine Abweichung genau zu überlegen und via Lerntagebuch umsichtig zu begründen.

Am konservativsten bleibt verständlicherweise die Rolle des Examinators. Die Notenregelung
(siehe "noten") garantiert trotz Wahlmöglichkeiten die Verteilung der Bewertung auf die verschiedenen Lernelemente und eine vollumfänglich schulkonforme Benotung. Aber der Anteil an Selbstevaluation steigt mit jedem Semesterprojekt. Spätestens ab drittem Schuljahr (5. Semesterprojekt) sollen die Teams ihre fachliche Leistung selber bewerten und im Gespräch der Lehrperson gegenüber begründen. Geschult wird diese Selbstevaluation aber schon früher durch Partnergruppen, die mindestens die Präsentationen des Partnerteams explizit mit einem Jury-Gutachten beurteilen und prämieren, ja im Sinne eines Notenvorschlags bewerten lernen.






































































































zu den beschreibenden
F A K T E N
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Stand: 8. 12. 05
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