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Konzeptionelle Grundstruktur des 1992-200 realisierten Modells
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Anhand des Programms des ersten der acht Semesterprojekte mit dem Thema "Lyrik" lässt sich die konzeptionelle Grundidee eines Semesterprojekts gut aufzeigen. Allerdings wird Ihnen dabei einiges an Einfühlungs- und Vorstellungsvermögen zugemutet, weil hier die Prozesse von rund 100 Unterrichtsstunden auf wenige Minuten resp. Zeilen komprimiert werden müssen. Das Projekt Lyrik hat, da es den Übergang von der Sekundarstufe I zur gymnasialen Sekundarstufe II bildet, drei spezifische, dem Rhythmus des Wintersemesters angepasste Phasen, die jede in eine aufwändige Präsentation mündet:

In Phase I (die fünf Wochen zwischen Sommer- und Herbstferien) lesen die Schüler/innen eine Sammlung von 60 Gedichten und haben den Auftrag, die eigenen Gefühle, die sich beim Lesen einstellen, zu sammeln und in einer Präsentation zu gestalten. Diese erste Phase muss, nebst der Auseinandersetzung mit dem eigenen Gefühl die Angewöhnung an Lerngruppe und Gruppenarbeit ermöglichen und die mediale Gestaltung der Präsentationen einüben; sie ist grundsätzlich notenfrei. Was die Gruppen an Gefühlen zu den Gedichten, zur Aufgabe oder zur Gruppenarbeit entdecken, wird der Klasse in einer ersten Präsentation möglichst sinnlich konkret veranschaulicht und vermittelt.


In
Phase II (in den rund elf Wochen von Mitte Oktober bis Weihnachten) befassen sich die Schüler/innen nicht mehr mit sich, sondern gezielt mit dem Text: Jetzt ist die Aufgabe, genau zu erforschen, wie der Text zu seiner unverwechselbaren Bedeutsamkeit kommt. Es geht einerseits um die Entdeckung der kunstreichen Signale, mit denen Sprache im Gedicht Sinnbildlichkeit herstellt; aber es geht dabei auch um die Feststellung der kreativen Leseleistung, die wir in Form von Vorstellungsbildern zum Verstehen des Textes beisteuern. Diesen Auftrag suchen die Gruppen auf kreativem Weg selbstständig zu lösen: im "Hauptprogramm" à drei Wochenstunden entwickeln die Gruppen ihren eigenen Weg des Textverstehens und präsentieren der Klasse dieses Textverständnis - später (in Phase III) auch hren Lernweg. Aber sie erhalten im "Nebenprogramm" à zwei Wochenstunden die Möglichkeit, ihr eigenes Vorgehen zu reflektieren, denn die Lehrperson bietet drei unterschiedliche Lernumgebungen den Teams zur Wahl an:

"Seminar" - die real anwesende LP führt das oder die Teams dialogisch und demonstriert, wie etwa Studenten in einem Seminar die Texte "werkimmanent" erarbeiten würden;

"Script" - das inhaltlich dem Seminar entsprechende "Script" liegt dem oder den Teams online oder offline als Referat der LP vor; als Variante wird das Script auch mit Tonband/Audio-CD ergänzt oder ersetzt.

"Selbststudium" - das oder die Teams erhalten ein von der LP zusammengestelltes Dossier ausgewählter anspruchsvoller Interpretationen, die nur zu geringem Teil mit den Gedichten der Textsammlung korrespondieren.


Alle Teams - unabhängig vom gewählten Lernweg - haben ihre fachlichen Einsichten zielpublikumgerecht als effektiv "brauchbares" Endprodukt für die schuleigene Mediothek oder auf Internet vorzulegen und zudem der Klasse in der Weihnachtswoche zu präsentieren. Die Teams können dabei auch die Bewertung ihrer literarischen Sachkompeten steuern: über das
"Konzept" wählen sie verbindlich eine produktunabhängige mündliche oder schriftliche Prüfung, oder sie legen bereits im Konzept fest, dass sie ihr Produkt , u.U. aber auch nur die Präsentation ihres Produkts bewerten lassen wollen.

Dank
Phase III (in den drei bis vier Wochen im Januar) werden die anfänglichen Gefühle wieder aufgegriffen und mit den Ergebnissen der Textauseinandersetzung und der fachlichen Bewertung verglichen: was hat mir nun das aufwändige aufmerksame Hinhören auf den Text, dessen Gestalt und Botschaft wirklich gebracht? welche Ziele und Fortschritte habeich erreicht und was genau heisst das nun für meinem weiteren persönlichen Lernweg? In angemessener Form werden auch diese prozessbezogenen Einsichten im Klassenrahmen präsentiert.

Spätestens hier wird ersichtlich, wie hoch und vielfältig in diesem Modell die Anforderungen an eigenständig Lernende - insbesondere an 16/17-Jährige - sind: dieses Lernkonzept verlangt nebst dem Gespräch über das Zeichensystem Lyrik und dem Gespräch über die eigenen Gefühle auch eine Verständigung über den eigenen Lernweg. Es sind nebst den unausweichlich eingeforderten Sachkompetenzen infolge der Teamorientierung also auch sehr viele kommunikative und soziale Kompetenzen. Aber unübersehbar ist vor allem das hohe Mass an Selbstkompetenz, das in diesem auf vier Jahre angelegten Lernweg aufgebaut wird. Verantwortlich für Aufbau und Vertiefung dieser Kompetenzen ist die in der bisherigen Ausbildung auf derlei kaum vorbereitete Lehrperson, deren grundlegend neuen Rollen unbedingt näher zu betrachten sein werden.



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F A K T E N
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R U N D G A N G

Stand: 5. 12. 05

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