(..........

"Heisse Projekte" in der Lehrlings-Ausbildung
(am Beispiel der Landys & Gyr)

Dank
Weiterbildung am damaligen DIDAKTIKUM (siehe "history") kam ich etwa 1992 in Berührung mit einem damals berühmten Modell innovativer Lehrlingsausbildung: die damals sehr erfolgreiche Innerschweizer Firma Landys & Gyr hatte die sogenannten "heissen Projekten" entwickelt. Eine Gruppe von Lehrlingen war eigens mit einem ihrer Lehrer nach Morschach zu uns in die dreitägige externe Weiterbildung gekommen, um uns ihr neues, damals etwa 15 Monate altes Ausbildungsmodell vorzustellen. Was ihnen übrigens echt kompetent, ja begeisternd, jedenfalls weit mehr als erhofft oder erwartet gelang.
.
Solche "heissen Projekte" werden während eines halben Jahres (Semester) als Berufsausbildung in gemischt-zusammengesetzten Teams ohne die Lehrmeister durchgeführt. Die Teamzusammensetzung ist je nach Projektauftrag unterschiedlich. Das uns vorgeführte Projek
t (aus dem Gedächtnis rekonstruiert) hatte den konkreten ("heissen") Auftrag, eine Uhr real zu konstruieren, deren Höchstpreis Fr. 100.- nicht überschreiten dürfe, die digital (ohne analoge Zeiger) funktioniere und mindetsens 16 Stunden stromunabhängig laufe. Das zugehörigeTeam war darum mit einem KV-Lehrling, einem Elektrotechnik-Lehrling und einem Mechaniker-Lehrling bestückt. Vorkenntnisse brachte keiner der Lehrlinge mit. Sie mussten sich autonom organisieren und konnten lediglich ehemalige Lehrmeister "buchen" und diese mit gezielten Befragungen als Experten benutzen - wer von den Lehrmeistern sich übrigens nicht binnen dreier Monate auf die neue Ausbildung umstellte, war entlassen.

Von diesen Lehrlingen stammt die nachstehende Terminologie "IPERKA" - das Losungswort, mit dem sie ihre Projektarbeit nach ihren bisherigen Erfahrungen dank den jeweiligen Auswertungen handhabbar strukturieren:

.
Streifen Sie mit der Maus über die weisse Fläche, falls Sie den Stellenwert von IPERKA im pädagogischen Kontext sehen möchten

Informieren


1.
Informieren müssen sich die Lehrlinge der "heissen" Projekte wegen zuallererst über den Auftrag und haargenau über dessen Bedingungen.

2.
müssen sie sich aber zusätzlich sofort auch klar werden, über welches Wissen und Können sie im Team verfügen und was genau ihnen noch fehlt. Damit nicht genug,

3.
müssen Lehrlinge heisser Projekte sehr rasch herausfinden, wo sie sich das nötige Wissen beschaffen können und wieviel Zeit es braucht, um alles Notwendige zu beherrschen.

Drei für den Erfolg eines heissen Lernprojekts fundamentale Basisinformationen, die vor jedem praktischen Start beschafft werden müssen - kein Vergleich mit dem schulisch üblichen Lernstart, dem behutsamen sogenannten "Abholen" der Schüler/innen am Gymnasium.

Planen

In den Anmerkungen zu "Informieren "wird schon der wesentlche Planungsinhalt ersichtlich: Kenntnisse beschaffen als kognitive Fertigkeit zusätzlich zur manuell-praktischen Ausbildung, die gleichzeitig zu planen ist.

Entscheiden

Eine gute Planung integriert verschiedene zeitliche und verfahrenstechnische Optionen mit ihren unabdingbaren Fixpunkten: darum wird auch eine eigene Phase der gemeinsamen Entscheidung ausgeschieden.

Realisieren

Für die Zeit der Realisierung sind Räume und Geräte, ev. das entsprechende technische Personal im voraus per Reservation oder Absprachen freizustellen: alles realitätsbedingte Anforderungen an die Lernenden, die das Verantwortungsbewusstsein der mit "heissen Projekten" Lernenden nicht bloss belasten, sondern zwingend schulen.

Kontrollieren

Bei "heissen Projekten" versteht sich die Dringlichkeit ultimativer Kontrollen von selbst. So prägt die technische Ebene der Projekte das Bewusstsein für die Unumgänglichkeit effizienter Kontrollpunkte - was sehr viel diffiziler auf pädagogische Schulprojekte zu übertragen ist.

Auswerten

Selbstverständlich haben heisse Projekte die natürliche Evaluationsebene der technischen Funktionstüchtigkeit. Das Lehrlingsteam zeugt mit seinem Losungswort "IPERKA"aber auch vom Bemühen, den Prozess der Lern-Arbeit generell, hinsichtlich der kommenden Projekte zu verbessern.

Aus meiner Sicht lehrt dieses Modell, das mir bei der Entwicklung des "Medienintegrierten Deutschunterrichts "Eigenständig lernen mit Bild, Ton und Text" als Richtschnur diente, dass

sogar die profitorientierte Wirtschaft ein neues, unerprobtes radikales Modell durchführt, mit Innovation also nicht zuzuwarten braucht, bis sie 100% sicher klappen wird;

das Prinzip auch des gymnasialen Lernens "Holen" statt "Bringen" heissen muss, wenn bereits Lehrlinge effektiv die richtigen Fragen stellen und nur auf echte, gut vorbereitete Fragen von den Experten (vorm.Lehrmeister) Auskunft erhalten;

höchste Sachkompetenz von Grund auf von den Lernenden selber erarbeitet werden kann (keiner kannte den Uhrenmarkt, keiner kannte sich mit Batteriespeisungen aus, keiner hatte je eine Uhr konstruiert), sofern Rahmen und Ziel klar vereinbart sind;

trotz extrem hohem Produktionsaufwand (die Uhr muss funktionieren und sich verkaufen) und der sehr beschränkten Zeit (pro Woche bloss ein paar Stunden während eines halben Jahres) ein durchschlagender Lernerfolg möglich ist ;

v

die Wirtschaft den Rollenwandel des Lehrers vom Wissensvermittler zum Experten vorlebt;

und dass gestützt auf Teamsolidarität schier Unmögliches entwickelt werden kann - nur ein total harmonierendes Team kann ein heisses Projekt in so knapper Zeit autonom realisieren.


Gerade die Kritik von Lehrerbildnerseite, dass ein pädagogisches Modell sich zusätzlich zu den offensichtlichen Errungenschaften dieser "heissen Projekte" (effiziente Vermittlung von Sach- und Sozialkompetenz) um die individuelle Förderung und Entfaltung der Lernenden zu kümmern habe , war mir Anlass, sofort dieses Modell zu übernehmen und es pädagogisch zu adaptieren.
Haben Sie mit der Maus über die weisse Fläche gestrichen, um die Aufwertung von IPERKA im pädagogischen Kontext zu sehen?

zu den beschreibenden..
F A K T E N........

.
........
R U N D G A N G

Stand: 9. 12. 05
Kontakt