.....Teamlernen
ein Plädoyer..

Zweck von Teamlernen

Es soll hier nicht darum gehen, eine sozialwissenschaftlich fundierte Begründung für die Gruppenarbeit als primärem Hauptpfeiler des Projekts Medienintegrierter Deutschunterricht vorzulegen. Dennoch könnte etwas wie eine summarische Orientierung dienlich sein.

Artbeiten und Lernen im Team ("Team" steht wegen der generellen Festlegung dieses Projekts auf 4er-Gruppen für jedwede Gesellungsform von "Gruppenarbeit" - die Unterscheidung "Gruppenarbeit" und "Gruppenunterricht" drängt sich kaum auf, weil der Anteil instruktionistischer Phasen in diesem Projekt nur bei rund 20-30% liegt;
siehe "teamlernen") bedeutet auch andernorts die ambivalente Anforderung, sich in den Dienst der Gruppe zu stellen und zu lernen, bestimmte Aufgaben ökonomischer zu bewältigen als es den isolierten Einzelnen möglich wäre. "Gruppenarbeit" verfolgt hier also nicht den Zweck, Unterricht abwechslungsreicher zu machen oder gar Personalkosten einzusparen (siehe "Gruppenarbeit"). Die ambivalente Funktion, Individuen in gemeinsamer Arbeit (Kooperation) zusammenzubringen, verfolgt vielmehr zwei öfters unvereinbar erscheinende Ziele, neben sachlich-inhaltlichen Lernzielen gezielt auch zwischenmenschliche Fertigkeiten zu fördern. Das beginnt damit, dass die Individuen unbedingt auch lernen müssen, ihre Tätigkeiten zu koordinieren, bestimmte Rollen und Funktionen zu übernehmen, individuelle und Gruppeninteressen auszuhandeln, sich ergebende Konflikte zu bewältigen.

individuelles Einzellernen
eingebettet in
kooperatives Lernen

Den "Sachkompetenzen" auf der einen Seite stehen somit Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich "Sozialkompetenz" und - für dieses Modell zentral - auch der "Selbstkompetenz" gegenüber (siehe "kompetenzen"). Damit das gesamte Team vom Wissen aller seiner Mitglieder profitieren kann, muss dieses Gruppenwissen transparent und allen zugänglich gemacht werden: es muss kommuniziert und repräsentiert werden. Hierin liegt darum die Bedeutung des zweiten Hauptpfeilers dieses Projekts Medienintegrierter Deutschunterricht: SACHKOMPETENZ beschränkt sich nicht auf Wissenserwerb, sondern schliesst von selbst (durch die Bedingungen des Modells) Fachkompetenzen im engeren (allgemeine Rede- und Argumentationstechnik samt Präsentationskompetenz inkl. medialer Gestaltung) und im übergreifenden Sinn (allgemeine Arbeitstechnik resp. Methodenkompetenz) mit ein.
Erfolgreiche Teams entwickeln nämlich spezifische Verfahren und Techniken, dieses Gruppenwissen allen verfügbar zu machen - dazu gehören auch unterschiedlichste mentale Modelle über Ziele, Potenziale, Stärken, Schwächen, Funktionen und Rollen der Gruppenmitglieder, die im Gruppenprozess konstruiert werden.

"Coaching"
und
Teamfähigkeit

Hat nun aber dieses Feld zwischenmenschlicher Fertigkeiten und sozialer Kompetenzen einen so hohen Stellenwert, muss auch die Lehrperson auf die hier gefragten Kompetenzen wie die zentrale "Teamfähigkeit" angemessen eingehen,sie erkennen, verstehen und allenfalls auch auf sie einwirken können. Dass hier die Ausbildung von Lehrpersonen - geschweige denn die Ausbildung von Dozierenden - noch viel zu wenig zu bieten hat , muss wohl nicht erst durch ein NF-Projekt erforscht und nachgewiesen werden (siehe "neue lehrerrollen"). Coaching als umfassende, jedenfalls professionelle fachliche und psychologische Betreuung und Beratung von Teams und Einzelpersonen muss von klaren Vorstellungen über "Teamfähigkeit" und den zugrundeliegenden Gruppenprozessen ausgehen können. Es kann hier gewiss nicht um einen Schnellkurs in Gruppenpsychologie gehen, dennoch möchte ich mit ein paar Aspekten die Dringlichkeit solcher Kenntnisse im Umgang mit eigenständig lernenden Teams hier wenigstens andeuten oder aufzeigen:


Teamfähigkeit zeigt sich beim:

- Akzeptieren von Gruppenzielen
- Uebernehemn von Gruppenverantwortung
- Gruppenleitungsfunktionen erlernen
- Ziele formulieren lernen
- Motivieren lernen
- integrieren lernen
- Machtspiele erkennen und verhindern lernen
- gegenseitige Akzeptanz lernen


Selbstkompetenz
und
metakognitive Kompetenz

Ausgesprochen heikel wird aber diese Betreuungsaufgabe, wo die pädagogische Konzeption der Projekltarbeit eine gezielte Förderung der Selbstkompetenzen vorsieht und mit Mitteln wie Konzept (siehe "konzept") und Lerntagebuch (siehe "lerntagebuch") auf das Selbstverständnis von Lernenden einzuwirken beginnt. Ist das bei Jugendlichen im schulpflichtign Alter noch mehr oder weniger leicht begründ- und auch durchführbar, nimmt diese Problematik bei Studierenden rasant zu. Erwachsenenbildnerische Schulung von Dozierenden ist dringend gefragt.

"Teamarbeit" aber erzwingt mehr oder weniger gezielte Auseinandersetzung mit Gruppenrollen und dem eigenen Verhalten. Es ist dabei künftigen Lehrkräften durchaus zuzumuten, sich explizit mit ihrer informellen Rollen im Team auseinanderzusetzen und herauszufinden, welcher tendenziellen Haltung sie in welchem Team jeweils zuneigen (etwa der Rolle des Sündenbocks, Clowns, Opponenten, Außenseiters, Helden, Antreibers, Kontrolleurs, Trösters usw.). In gruppendynamischen Prozessen herrschen geradezu gesetzmässig unterschiedliche Rangpositionen, die es "gerecht" auszuüben, mitunter auch zu wechseln, jeden falls gezielt bewusst zu machen gilt:

Alpha-Positionen:

Führer, Sprecher, Repräsentant

Beta-Positionen:

Schiedsrichter, Experte, Kritiker

Gamma-Positionen:

Mitläufer, Helfer, Normenhüter

Omega-Positionen:

Außenseiter, Sündenbock, Prügelknabe


Die Lernforschung verweist nach wie vor auf die Notwendiglkeit gezielter Förderung metakognitiver Kompetenzen
(siehe Eigenständig lernen - Lernen im Dialog).
zu denen nicht nur das eigene Lernverhalten in der Gruppe, sondern eben auch Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Teamkolleg/innen - und nicht zuletzt die bewusste Strategienbildung und andere soziotechnische Aspekte in den wechselnden Stadien der Projektarbeit zählen.

Lernpotential
in
Teamarbeit

Teamlernen durchläuft je nach Phase der Teamentwicklung ganz Prozess- Stadien:

In der Phase des Formings, wenn sich die Teilnehmenden persönlich kennenlernen werden, gilt es gegenseitig die Stärken zu erkennen, das jeweilige Leistungspotential zu eruieren, aber auch aneinander Anteil zu nehmen und sich die nötige Sicherheit zu geben. Stärker ist die Phase des Stormings (Brainstoming) auf die unterschiedlichen Denkstile ausgerichtet, die es zu koordinieren gilt., während man sich in der Phase des Normings eher um Arbeitsabläufe und die Umsetzung der Arbeitsplanung inklusive zweckmässigem Einsatz der Teammitglieder bemüht. Wieder anders strukturiert sich naturgemäss die Phase des Performings, die sich auf starke, schnelle und schlagkräftige Durchführung konzentriert und mit eher informellen Prozessen und andersgearteten Teamgefühlen operiert, die aber für die längerfristige Teamentwicklung grosse Bedeutung hat.


TeamPerformance Modell nach Johanson (1991)

Leseempfehlung

Es ist nicht die Absicht, hier einen Literaturabriss zum Coaching in gruppendynamischen Prozessen anzubieten, nur schon weil die Literatur zur Gruppenarbeit inzwischen viel zu umfangreich ist. Dennoch seien ein paar unsystematische Hinweise erlaubt. Zum einen sind Grundkenntnisse in TZI nach Ruth Cohn sehr hilfreich, denn die Themenzentrierte Interaktion (TZI) ist aus psychologischen und pädagogischen Erfahrungen und Erkenntnissen für das Leiten, Arbeiten und Lernen in Gruppen entstanden und bietet vielfältige methodische Hilfestellungen - zentral nur schon der Grundsatz „Störungen haben Vorrang".
Cohn, Ruth: Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion. Von der Behandlung einzelner zu einer Pädagogik für alle. Stuttgart: Klett-Cotta 1975.
Ruth C. Cohn, Christina Terfurth (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen, TZI macht Schule. Verlag Klett-Cotta 1993.
Zum andern haben - so umstritten ihre Postionen auch sind - ihre Darstellungen die Vorstellungen der meisten Zeitgenossen von Kommunikation elementar geprägt:
Schulz von Thun Friedemann: Miteinander reden 1, Rowohlt 1981
Schulz von Thun Friedemann: Miteinander reden 2, Rowohlt 1989
Watzlawick Paul, I. H. Beavin, D. D. Jackson: Menschliche Kommunikation, Bern 1969

Aktuell und informativ-anregend, weil darin alle wesentlichen Bereiche der Gruppenarbeit praxisnah besprochen werden, ist die Arbeit der
Nürnberger Projektgruppe: Erfolgreicher Gruppenunterricht. Praktische Anregungen für den Schulalltag. Stuttgart 2001.


Die Nürnberger Projektgruppe (2001, S. 56-57) gibt z.B. folgende Tipps für ein angemessenes Lehrerverhalten während der Gruppenarbeit
(nach WIKIPEDIA , 2.12.05).

Lehrkräfte sollten

  • sich nach Erteilung des Arbeitsauftrags zurückziehen und die Gruppen nur aus der Ferne beobachten
  • nicht ständig durch die Klasse laufen
  • die Gruppen nicht bei der Arbeit stören und unnötige Lehrerinterventionen vermeiden
  • nicht die Probleme der Schüler lösen
  • nur so viel wie unbedingt nötig helfen.

In der Auswertungsphase sollte die Lehrkraft

  • auf einen Wechsel der Symbolisierungsformen achten (Wandzeitung, OHP-Folie, Kurzvortrag, Rollenspiel usw.)
  • Gruppenergebnisse und nicht Einzelergebnisse abrufen (d.h. die Gruppe insgesamt nicht Einzelschüler ansprechen)
  • die Ergebnisse in einen größeren Zusammenhang einbinden und sichern
  • hin und wieder metakommunikative Phasen einschieben

(Nürnberger Projektgruppe 2001, S. 67-73).


zur Modellbeschreibung /
.F A K T E N........

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R U N D G A N G

Stand: 25. 11. 05
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