Unübersehbar ist, dass die Medien-, Informations- und Kommunikationstechnologien zu einem entscheidenden Faktor der weltwirtschaftlichen Entwicklungen aufgestiegen sind (Hüther S. 349)
Oekonomische und technische Aspekte dominieren daher die öffentliche Diskussion, die noch kaum erfasst, wie massiv sich der Paradigmenwechsel, den die fortschreitende Digitalisierung gebracht hat, auf die psychische, rechtliche, wirtschaftliche und soziale Realität von Individuen und Gesellschaft auswirkt.
Selbst wenn dieser Wandel werbewirksam als Aufbruch aus der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft zur Medien-, Information- und Wissensgesellschaft gefeiert wird, müssten Bildunginstitutionen diesen gesamtkulturellen Wandel gründlich hinterfragen.
Wenn alles, was digitalisiert wird, kalkulierbar, ja prozessier- und programmierbar geworden ist, hätten insbesondere pädagogische Hochschulen die Pflicht, eine forschungsgeleitete Medienpädagogik zu etablieren, die nicht nur aufzeigt, wie der Wechsel von der Analogizität zur Digitalität als bestimmendem Informationsformat das etablierte Medienspektrum signifikant erweitert und modifiziert, sondern auch welchen Einfluss die fortschreitende Digitalisierung auf unsere Sprache und unser Kommunikationsverhalten nimmt.
Im Folgenden ist also zunächst der immense technologische Umbruch in der Medienlandschaft zu skizzieren (1),
um anschliessend die radikalen
Veränderungen in der individuellen
und gesellschaftlichen Mediennutzung
aufzuzeigen; erkennbar ist jedenfalls
bereits, dass die heutigen Erziehungs- und
Sozialisationsprozesse sichtlich anders
verlaufen als in früheren
Generationen (2)
.
Medienpädagogik hat primär diese
fundamental veränderten
Medieneinflüsse bewusst zu machen,
ohne die das Aufwachsen in und ausserhalb
von Familie und Schule kaum mehr
verstanden werden kann. Dann aber sind
auch Lösungsansätze für ein
angemessenes, medienpädagogisch
fundiertes Handeln vorzuschlagen
(3)
.
Die lernspezifischen Implikationen einer
revidierten Medienpädagogik werden im
Interesse der Entflechtung von
Medienpädagogik und Mediendidaktik
unter dem Aspekt Lehren
und Lernen mit
Medien
herausgelöst und ausführlich
betrachtet.
1. |
in digital operierenden Systemen |
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Definition |
Die
traditionelle Medienpädagogik hat
sich speziell in den 60er Jahren des
letzten Jahrhunderts mit der Erarbeitung
des Phänomens "Massenmedien" verdient
gemacht. Obwohl das erste Wortelement
"Masse" in Europa negativ belegt war,
bestimmte die Medienpädagogik das
Publikum von Presse, Radio und Fernsehen
lediglich formal als a)
unüberschaubar, b) heterogen, c)
anonym und d) dispers. Charakteristisch an
Massenmedien ist, dass sie die
Medienbotschaft nicht face to face
übermitteln
(a)
und sich an keine sozial
eindeutige,
(b)
im Einzelnen sogar weitgehend unbekannte
(c)
Empfängerschicht
adressieren, denn die einzige
Gemeinsamkeit ihres Publikums besteht
darin, dass Peronen oder allenfalls
Personengruppen sich einem bestimmten
Gegenstand - der jeweiligen
Medienbotschaft eben - an verschiedenen
Orten und bei gewissen Medien auch zu
unterschiedlichen Zeiten
(d)
zuwenden. |
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Umfang |
Im
Mittelpunkt des Interesses standen bis in
die jüngere Vergangenheit hinein
einerseits die technischen
Verbreitungsmittel von Tageszeitungen und
Zeitschriften, Büchern,
Flugblättern und Plakaten,
Hörfunk, Schallplatten, Video- und
Audiokassetten, Kino und Fernsehen
hinsichtlich ihrer unterschiedlichen
Kommunikationsart, insofern sie indirekte
oder direkte, wechselseitige oder
einseitige, private oder öffentliche
Kommunikation ermöglichten. |
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umfassender |
Trotz
ihrer Herkunft und Fokussierung auf
"Massenmedien" hielt die traditionelle
Medienpädagogik beim Versuch, die
real existierende mediale Vielfalt zu
differenzieren, ausserdem auch an einem
umfassenden Medienbegriff fest. Mit diesem
weiten Medienbegriff lassen sich nebst den
Medien im engeren Sinne, den sogenannten
"tertiären" oder technischen Medien,
die auf beiden Seiten des
Kommunikationsprozesses technische Mittel
erfordern (Telekommunikation,
elektronische Massenmedien einschliesslich
Personalcomputer),
auch "sekundäre Medien" betrachten,
die nur auf der Produktionsseite von
technischer Gerätschaft abhängen
(Rauchzeichen,
Flaggensignale, Schrift- und
Druckmedien).
Der umfassende Medienbegriff lässt
aber auch die "primären Medien"
einbeziehen, also die Medien des
menschlichen Elemetarkontakts wie Sprache,
Mimik, Gestik, Körperhaltung usw.,
selbst wenn sie weder sender- noch
empfängerseitig Geräte
benötigen. Tendenziell steht die
Medienpädagogik damit den
Kommunikationswissenschaften und der
empirischen Sozialwissenschaft nahe. |
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Dank
ihrem ursprünglichem
Differenzierungsansatz kann
Medienpädagogik auch die massiv
veränderte heutige Medienwirklichkeit
angehen, zumal zur aktuellen
Medienrealität nach wie vor auch die
sogenannten Massenmedien gehören.
Dazu muss sie allerdings ihre Kategorien
und Methoden revidieren, um die medialen
Verschiebungen insbesondere auch innerhalb
der traditionellen Massenmedien
adäquat zu erfassen. Vor allem aber
muss sie sich des Universalmediums
Computer, der in Verbindung mit Internet
und Mobilkommunikation immer mehr zum
zentralen Kulturphänomen der
Gegenwart avanciert, unvoreingenommen
annehmen, um dessen andersartige
Medialität zu erschliessen. Im Medium
Computer können die Nutzer/innen
nämlich problemlos zwischen Massen-,
Gruppen- und Individualkommunikation
pendeln. |
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